Die eigenen Bedürfnisse (an)erkennen und für sie einstehen


Wie oft nimmst Du Dir bewusst Zeit, um Deine eigenen Bedürfnisse zu erkunden? Wie oft gelingt es Dir, für sie einzustehen? Was passiert, wenn Du Dich anpasst, nur um die Erwartungen anderer zu erfüllen?

In diesem Text möchte ich meine eigenen, persönlichen Erfahrungen mit Dir teilen. Was ich schreibe, basiert auf dem, was ich selbst erlebt und wahrgenommen habe und erhebt keinen Anspruch auf fachliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Ich wüsche Dir viel Freude beim Lesen. Vielleicht möchtest oder kannst Du ja auch ein wenig Inspiration für Dich selbst daraus mitnehmen. Deine eigenen Gedanken und Erlebnisse erkennen und anerkennen. Ich lade Dich ein, darüber nachzudenken, wie Du Deine eigenen Bedürfnisse wahrnimmst und für sie einstehen. 


Es ist paradox: Wir passen uns an, in der Hoffnung, anerkannt zu werden, und verlieren dabei das Wichtigste – uns selbst. Wenn wir unsere Bedürfnisse ignorieren oder übergehen, opfern wir nicht nur unsere Authentizität, sondern auch unsere Selbstachtung. Diese innere Selbstaufgabe bringt nicht die erhoffte Ruhe, sondern lässt uns oft leer, überreizt und frustriert zurück.

Sich selbst treu zu bleiben, führt zu einer viel tieferen Form der Erfüllung und des Respekts – nicht nur von außen, sondern vor allem von uns selbst. Wahre Anerkennung beginnt mit Selbstachtung. Auch wenn diese Tatsache logisch erscheint, fällt es uns oft schwer, danach zu handeln. Warum ist das so? Ich habe keine allgemeingültige Antwort, da es diese vermutlich nicht gibt. Die Gründe sind so vielfältig wie wir Menschen selbst.

Wenn Du die Gründe für Dein Verhalten erkunden oder verstehen möchtest, kann es hilfreich sein, Dein eigenes Verhalten aus einer beobachtenden Perspektive zu betrachten. Wie fühlst Du Dich, wenn Du ein Bedürfnis von Dir übergehst? Welche Gedanken gehen Dir durch den Kopf? Welche Ängste sind präsent? Was befürchtest Du, könnte passieren, wenn Du für Dein Bedürfnis einstehst?

Wenn wir diese Fragen achtsam an uns selbst richten, können wir erforschen und vielleicht Antworten auf die Ursachen unserer inneren Konflikte finden. Möglicherweise können wir dann auch überprüfen, ob diese Befürchtungen berechtigt sind.

Ich habe für mich selbst herausgefunden, dass tief verwurzelte Ängste es mir besonders in sozialen Situationen schwer machen, auf meine eigenen Bedürfnisse zu hören. Obwohl ich sie deutlich wahrnehme und wüsste, was zu tun wäre, schiebe ich sie beiseite und passe mich an, aus der Angst, die Erwartungen der anderen nicht erfüllen zu können. Dabei merke ich, wie ich mich zunehmend unwohler fühle und mich selbst immer mehr verliere.

Ein Beispiel ist mein Bedürfnis nach Rückzug und Ruhe, wenn ich nach mehreren Stunden eines Treffens merke, dass ich an meine Grenzen komme. Meine innere Stimme sagt mir: "Das war schön, aber jetzt ist es genug. Zeit für Ausgleich und Ruhe." Mein Körper kommuniziert mir dieselbe Botschaft auf seine Weise: Ich spüre Anspannung, bekomme Kopfschmerzen und habe Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren. Manchmal verschwimmt mein Blick und ich versinke in Gedanken. All das sind deutliche Hinweise darauf, dass ich eine Pause brauche. Doch dann meldet sich die Stimme, die mir sagt: "Halte durch, es sind ja nur noch drei Stunden. Du kannst jetzt nicht einfach nach Hause gehen. Die anderen halten doch auch durch und der Veranstalter hat sich so viel Mühe gegeben. Wenn Du jetzt gehst, wäre das unhöflich. Sie werden Dich belächeln, nicht verstehen und sich verletzt fühlen."

Ich schenke dieser Befürchtung Glauben und halte durch. Vielleicht könnte ich einfach für ein paar Minuten auf die Toilette gehen, um mal durchzuatmen? Andererseits, alle würden mich ansehen, wenn ich jetzt aufstehe und durch den Raum laufe. Ich fühle mich gerade nicht gut, in diesem Zustand möchte ich nicht die Aufmerksamkeit auf mich ziehen und riskieren, von allen angestarrt zu werden. Sie würden bestimmt bemerken, dass ich mich unwohl fühle und ich möchte wirklich kein Mitleid. Also bleibe ich sitzen.

Ich öffne das Fenster. Die kühle, frische Luft und der Anblick der Bäume, deren Blätter sanft im Wind tanzen, beruhigen mich etwas. Wie gerne wäre ich jetzt draußen. Ich fühle die Sehnsucht gemeinsam mit den Blättern zu tanzen, den Wind in meinen Haaren zu spüren und die Sonne auf meiner Haut zu genießen... Ich sehe auf die Uhr – es sind erst zehn Minuten vergangen. Warum vergeht die Zeit nur so furchtbar langsam? Ich bin müde und mein Rücken schmerzt. Dieser harte Stuhl ist sowas von unbequem...

Warum ist diese Angst, die Bedürfnisse anderer nicht zu erfüllen, so überwältigend, dass ich all das in Kauf nehme? Es könnte mir doch egal sein, was die anderen von mir halten, ob sie mich verstehen oder nicht. Viele der Anwesenden werde ich vermutlich nie wiedersehen. Warum schaffe ich es also nicht, einfach aufzustehen und zu sagen, dass ich eine Pause brauche oder nach Hause gehen werde?

Ich glaube, dass unter dieser Angst eine tiefere Angst verborgen liegt: die Angst, verlassen zu werden. Würden mich die anderen ablehnen oder sich von mir distanzieren, wäre ich allein.

Diese Einsicht offenbart die Wurzeln der Schwierigkeiten, die, so glaube ich, viele von uns haben, wenn es darum geht, eigene Bedürfnisse anzuerkennen und ihnen zu folgen. Die Angst vor dem Verlassensein ist so mächtig, dass sie uns davon abhält, ehrlich zu uns selbst zu sein. Als soziale Wesen waren wir evolutionär darauf angewiesen, Teil einer Gemeinschaft zu sein, um zu überleben. Diese Urangst ist letztendlich keine geringere als die Angst um unser Überleben. Daher ist es nur logisch, dass wir unbewusst alles daran setzen, nicht verlassen zu werden. 

Doch die eigenen Bedürfnisse zu ignorieren, ist nicht gesund und stellt keine wohltuende Lösung dar. Was also können wir tun?

Es kann hilfreich sein, diese Ängste zu hinterfragen und einem Realitätscheck zu unterziehen. Um auf das Beispiel mit dem Treffen zurückzukommen: "Ist mein Leben wirklich bedroht, wenn ich jetzt aufstehe und gehe?"

Es kann befreiend sein, zu erkennen, dass diese Ängste zwar real erscheinen, aber in der heutigen Realität oft nicht die gleiche Bedeutung haben. Selbst wenn andere mein Verhalten nicht verstehen, wäre mein Leben nicht bedroht. 

Wenn ich erkannt habe, dass die Ängste in dieser jetzigen Situation eigentlich unbegründet sind, könnte ich in einem nächsten Schritt vielleicht auch schauen, wie wichtig dieses Treffen gerade für mich ist? Interessiert es mich? Ist es hilfreich für mich? Wenn nein, dann fällt die Entscheidung zu gehen, womöglich leichter. Wenn ich allerdings feststelle, ja, dieses Treffen ist gerade sehr wichtig für mich und ich möchte bleiben, da es vielleicht zur Erfüllung eines anderen, längerfristigen Bedürfnisses beiträgt, könnte eine klein Pause tatsächlich sehr hilfreich sein. Oder kleine Übungen, um mein Stresslevel etwas zu reduzieren. Vielleicht hilft der Gedanke an einen ruhigen, sicheren Ort, vielleicht hilft es auch, für einen Moment die Augen zu schließen. Ein Moment, in dem sich die Augen entspannen können, kann sehr wohltuend sein. Und wenn es die Geräusche sind, die momentan zu viel sind, könntest Du auch auf Ohrenstöpsel zurückgreifen, Du kann trotzdem noch alles hören, aber gedämpfter, auf eine viel angenehmere Art und Weise. Im Goldschmiede-Alltag, wo oft viel und lange gehämmert wurde, waren diese häufig meine wohltuende Rettung. Es kann auch helfen, bewusst den Kiefer und die Zunge zu entspannen, allgemein versuchen, Anspannung aus dem Körper gehen zu lassen, eine bequeme Sitzposition zu finden, sich vielleicht auf ein Kissen oder eine Jacke zu setzen, wenn der Stuhl unbequem ist. Es kann auch entlastend sein, sich einmal zu strecken. Erlaube Dir mit Deinen eigenen Möglichkeiten und Ideen zu experimentieren, auf Deinen Körper zu hören und im Moment zu spüren, was Dir am besten helfen könnte. 

Um wieder auf die Bedürfnisse zurück zu kommen: Aus eigenem Erleben weiß ich heute: Korrigierende Erfahrungen können heilsam sein. Wenn ich es immer wieder in kleinen Schritten schaffe, für meine Bedürfnisse einzustehen, kann ich erkennen, dass überhaupt nichts Schlimmes passiert. Es ist absolut sicher, für die eigenen Bedürfnisse einzutreten. Andere respektieren mich dann vielmehr und lehnen mich in der Regel nicht wie befürchtet ab. Und selbst wenn mich jemand ablehnen würde, wäre das kein Weltuntergang. Wenn es tatsächlich der Fall wäre könnte ich auch schauen, wer lehnt mich denn ab? Fühle ich mich mit ihm oder ihr verbunden? Freunde und Menschen, denen wir wichtig sind, sind oft viel toleranter mit uns, als wir es selbst mit uns sind. Wenn ich bei jemandem, der mir wichtig ist, immer wieder auf Ablehnung stoße - vielleicht könnte ich hinterfragen, ob mir diese Beziehung langfristig wirklich guttut. Ich schenke mir selbst die Anerkennung, die ich sonst im Außen gesucht hätte. So bliebe ich in meiner Kraft und Balance und verliere mich nicht im Außen.

Die eigenen Bedürfnisse sind heilig. Sie sind kein Problem oder Hindernis. Du hast jedes Recht, sie zu äußern und für sie einzustehen, denn nur Du selbst kannst den Raum für Deine Bedürfnisse hüten. Dieser Raum ist wertvoll. Wir sollten es uns also selbst Wert sein, den Raum für unsere Bedürfnisse zu wahren, anzuerkennen und für sie einzustehen - natürlich immer mit einem liebevollen Blick auf uns selbst, ohne in be- oder abwertendes Verhalten zu verfallen, wenn es uns nicht immer gelingen mag - denn das wäre wirklich kontraproduktiv.


Deine Art, die Welt zu erleben, ist einzigartig. Sich selbst abzuwerten oder auch das Vergleichen mit anderen ist belastend, denn oft schneiden wir selbst dabei schlecht ab. Wir müssen nicht genauso viel aushalten oder durchhalten wie andere. Wenn man merkt, dass man ins Vergleichen oder Abwerten verfällt, vielleicht könnte man sich liebevoll fragen, worum es einem wirklich geht. Sich selbst die Erlaubnis geben, die eigenen Gedanken zu hinterfragen. "Was ist mir wirklich wichtig in meinem Leben?" Ich erinnere mich dann immer wieder liebevoll daran, worum es mir im Leben geht: Um Einzigartigkeit, Individualität, Toleranz und Verständnis. Es geht für mich um ein gegenseitiges Bereichern, nicht um ein Ausgrenzen oder Bewerten. Diese Qualitäten möchte ich nicht nur anderen, sondern auch mir selbst entgegenbringen. Denn wir sind alle gleich wertvoll. Und ich glaube auch, ich kann die Grenzen und Bedürfnisse des anderen viel besser erkennen und wahren - vielleicht auch nur dann tatsächlich wahrnehmen, wenn ich wahrnehmend für meine eigenen Grenzen und Bedürfnisse bin.

Das Leben ist wundervoll und wir sollten dies und uns selbst als ein Teil davon in Dankbarkeit anerkennen. Jeder von uns hat wertvolle Fähigkeiten und Talente. Diese mit unseren individuellen Bedürfnissen in die Welt zu tragen, kann bereichernd sein.

Die Reise, sich selbst treu zu bleiben, erfordert Mut, aber sie ist auch eine der befreiendsten, die es gibt. Wenn Du anfängst, Deine Ängste liebevoll zu hinterfragen und in kleinen Schritten für Deine Bedürfnisse einzustehen, kannst Du vielleicht spüren, wie sich ein neues Gleichgewicht in Dir einstellt. Womöglich kannst Du auch feststellen, dass Du viel mehr in Deiner Kraft bist, wenn Du nicht ständig gegen Deine eigenen Bedürfnisse arbeitest. Wahre Anerkennung beginnt mit der Selbstachtung – und das ist der Schlüssel zu einem ausgeglichenen und erfüllten Leben.






Die Gestaltung unserer "Wirklichkeit" - von innerer Stimmigkeit zur äußeren Gesellschaft

Manchmal scheint es, als könne man die Wirklichkeit nicht wirklich fassen. Doch was ist Wirklichkeit überhaupt? Gibt es so etwas wie eine universelle "Wirklichkeit"? Möglicherweise lebt jeder Mensch in seiner eigenen Welt, die sich ständig durch Erfahrungen, Begegnungen und die Spiegelungen von anderen verändert. Unsere Wirklichkeit ist kein festes Konstrukt, sondern ein dynamisches Puzzle, das sich immer wieder neu zusammensetzt. Doch was passiert, wenn die Teile dieses Puzzles nicht harmonieren? Wenn die Welt, wie wir sie wahrnehmen, unstimmig erscheint?

In solchen Momenten beginnt das Zweifeln: Ist alles so, wie es sein sollte? Hier liegt die Herausforderung, die darin besteht, zu erkennen, dass die Welt nicht immer stimmig sein muss, um Sinn zu ergeben. Unklarheit ist ein Teil dieser Erfahrung. Es geht darum, wie wir uns selbst in dieser Welt sehen und wahrnehmen – und welche Reflexionen wir von anderen erhalten. Diese Spiegelungen, kombiniert mit unseren Begegnungen und Erfahrungen, formen nicht nur unsere Realität, sondern auch unser Selbstbild. Manchmal haben wir eine klare Vorstellung davon, wer wir sind, während dieses Bild manchmal verschwommen ist.

Veränderung – im Innen wie im Außen

Die Welt unterliegt einem ständigen Wandel. Doch was bedeutet diese Veränderung für uns? Spüren wir sie alle gleich? Oft sind es die kleinen Veränderungen in jedem Einzelnen von uns, die das große Ganze beeinflussen. Veränderung beginnt häufig im Inneren. Wir können das Außen nur transformieren, indem wir bei uns selbst anfangen – durch Reflexion über unser Handeln, unsere Werte und die Art, wie wir die Welt sehen.

Wenn wir in uns selbst Stimmigkeit finden, wirkt sich das auch auf unser Umfeld aus. Die Veränderung, die wir im Außen anstreben, kann wachsen, wenn wir im Inneren Klarheit schaffen. Dabei ist es entscheidend, tolerant zu sein, einander wertzuschätzen und Vielfalt zu feiern, anstatt sie zu verurteilen. Unsere Beziehungen zu anderen Menschen und die Gemeinschaft, in der wir leben, spielen eine entscheidende Rolle bei dieser Transformation. Die Natur zeigt uns, dass es viele Arten gibt, und jede hat ihre Daseinsberechtigung. Auch Du – als einzigartiger Mensch – bist unersetzlich in dieser Welt. Du bereicherst die Welt mit Deinen Fähigkeiten und Talenten. Dass Du da bist, hat einen Grund. Jeder von uns ist ein wertvoller Teil des großen Ganzen. Diese Vorstellung finde ich hat etwas sehr Verbindendes und Schönes an sich.

Offenheit für andere Welten

Auf dem Weg zur Stimmigkeit in uns selbst ist es wichtig, offen zu sein. Andere Welten zu akzeptieren, selbst wenn sie nicht mit der eigenen übereinstimmen, erfordert oft Mut. Der Versuch, sie zu begreifen, ist eine wertvolle Aufgabe, auch wenn wir sie nicht sofort verstehen. Nichts ist wirklich so, wie es auf den ersten Blick erscheint. Auch hinter den Oberflächlichkeiten, die wir wahrnehmen, verbergen sich oft persönliche, berührende Geschichten. Jedes Erlebnis hat seine Gründe, und alles, was wir heute sehen, ist das Ergebnis von Erfahrungen, Taten und Prägungen.

Es geht um gegenseitiges Verständnis und Toleranz – um ein Miteinander statt eines Gegeneinanders, um gegenseitiges Bereichern statt Bekämpfen. Denn letztendlich streben wir alle nach demselben: nach innerer Harmonie und Stimmigkeit. Alles in der Natur strebt nach Balance, und wir Menschen sind da keine Ausnahme. Unsere Bindungen zu anderen Menschen sind essenziell, um diese Balance zu erreichen. Durch die Gemeinschaft mit anderen lernen wir, unsere Perspektiven zu erweitern und unser Verständnis von Wirklichkeit zu vertiefen.

Zugehörigkeit und Gemeinschaft – was bedeutet das?

Lange dachte ich, dass ich wahrhaftige Zugehörigkeit nicht wirklich empfinden kann, wenn ich mich der äußeren Welt, der Gesellschaft, nicht zugehörig fühle. Doch mittlerweile glaube ich, dass Zugehörigkeit nicht unbedingt in der großen, abstrakten "Welt" gefunden werden braucht. Vielleicht existiert diese "große Welt" gar nicht so, wie wir sie uns oft vorstellen. Wenn wir über "Gesellschaft" sprechen, was oder wen meinen wir eigentlich? Dieses Wort klingt oft utopisch und unnahbar, als würde es uns von dem trennen, was uns umgibt. In Wahrheit bist Du Teil dieser Gesellschaft – ebenso wie ich und Deine Freunde. Gemeinsam formen wir das, was wir "Gesellschaft" nennen.

Statt "Gesellschaft" könnten wir das Wort "Gemeinschaft" verwenden. Eine Gemeinschaft ist greifbarer und besteht aus den Menschen, die Dich umgeben. In dieser Gemeinschaft hat jeder seinen individuellen Platz, und jeder von uns kann eine Bereicherung für die Menschen um sich herum sein. Es geht nicht darum, sich in einem riesigen, unpersönlichen System zu verlieren, sondern darum, die Menschen um Dich herum zu berühren – und Dich selbst. Wenn Du in Deiner eigenen Welt stimmig bist und offen für andere Welten, wirst Du Dich viel leichter zugehörig fühlen können. Denn Zugehörigkeit entsteht nicht im Außen – sie beginnt in der Verbindung zu Dir selbst.

Das Jetzt als Quelle der Verbundenheit

Alles, was zählt, geschieht im Hier und Jetzt. Wenn Du im Moment bist und Deine Gedanken nicht ständig in die Zukunft lenkst, erkennst Du, dass Du aus diesem Moment heraus Deine Welt gestalten kannst. Verbundenheit entsteht im Jetzt, nicht in der Vergangenheit und auch nicht in der Zukunft, die noch ungeschrieben ist und nur in unseren Gedanken existiert. Gedanken sind Konstrukte, die unser Bild der Wirklichkeit formen, aber sie stimmen nicht immer mit der Realität überein.

Wenn wir uns auf uns selbst zurückbesinnen und im Moment leben, können wir aus diesem heraus eine stimmige Zukunft erschaffen – für uns selbst und vielleicht auch für andere. Das wichtigste Ziel sollte nicht darin bestehen, die Welt im Außen zu ändern, sondern in uns selbst Stimmigkeit zu finden und danach authentisch zu leben. Wenn wir nach unseren eigenen Werten handeln und uns treu bleiben, fühlen wir uns mit der Welt verbunden. Der erste Schritt beginnt immer in uns selbst.


Es ist nicht immer leicht, diese Stimmigkeit zu finden, besonders wenn äußere Umstände uns das Gefühl geben, nicht voranzukommen. Doch wenn wir unsere Gedanken im Moment verankern, können wir die Kraft und die Verbundenheit nutzen, die nur im Hier und Jetzt existiert, um eine Zukunft zu kreieren, die wirklich zu uns passt. Wir dürfen uns selbst und dem Leben Vertrauen schenken.

Die Veränderung beginnt bei Dir

Der Wandel in der Welt beginnt immer bei uns selbst. Äußere Umstände beeinflussen uns, aber wie wir damit umgehen, liegt in unserer Hand. Du kannst jederzeit reflektieren und Dich fragen: Lebe ich noch nach meinen Werten? Gibt es Bereiche, in denen ich mich anpassen kann, um mehr Stimmigkeit zu finden?

Vielleicht verändert sich das Bild immer wieder, und die Wirklichkeit ist nicht konstant. Doch das ist in Ordnung. Die Welt dreht sich weiter und wir dürfen uns mit ihr wandeln. Ich glaube, nichts ist unmöglich – die Welt hält so viele Wunder bereit, wir dürfen lernen diese zu sehen. 

Im Kleinen das Wunderbare zu sehen, ist eine wundervolle Fähigkeit. Sie trägt die Möglichkeit in sich, nicht nur unsere eigene Welt, sondern auch das, was uns umgibt, wahrhaftig zu "sehen" und zu begreifen. Die Welt auf die Art und Weise zu erkennen, wie sie ist und gleichzeitig zu sehen, wie sie sein könnte - nicht irgendwo im Außen, irgendwann in ferner Zukunft, sondern in erster Linie in und selbst. In Stimmigkeit, Harmonie und innerer Balance. In der Art und Weise, wie wir die Welt sehen und erleben.



In vorgegebenen Strukturen die eigene Freiheit finden


In einer Welt, die uns zu Eigenverantwortung ermutigt und gleichzeitig starre Rahmen vorgibt, ist es nicht immer leicht, ein Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit zu finden. Vielleicht kennst Du das Gefühl, Dich manchmal in einem Netz aus Erwartungen, Regeln und Verpflichtungen gefangen zu fühlen?

Ich selbst habe diese Spannung oft in meinem Alltag gespürt, zum Beispiel in meiner Kindheit in der Schule. Stundenlang am selben Platz sitzen, die eigenen Bedürfnisse ignorieren – das fiel mir schwer. Der Raum, geprägt von grauen Betonwänden und flackerndem Licht, wirkte auf mich wenig einladend. Das stundenlange Bewältigen von Matheaufgaben war für mich eine Qual. Ich fühlte mich beobachtet und unter Druck gesetzt. Die Umgebung war mir zu wild und laut – wie sollte ich mich bei all dem Gewusel konzentrieren? Manchmal fühlte ich mich wie ein Fisch, der danach beurteilt wurde, wie gut er auf einen Baum klettern kann.

Die Dinge, die mir wirklich wichtig waren, schienen in diesem Umfeld keinen Platz zu haben. Anstatt mich mit Rechenaufgaben herumzuschlagen, die ich nicht wirklich verstand, stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn die gelbe, sanftmütige 2 die griesgrämische, waldgrüne 7 sympathisch finden würde. Ich fragte mich auch oft, ob die Lehrerin wirklich so motiviert war, wie sie tat. Manchmal spürte ich eine unausgesprochene Spannung, die mich ahnen ließ, dass auch sie am liebsten ganz woanders gewesen wäre.

Diese Spannung zwischen dem Wunsch nach Freiheit und der Sicherheit, die feste Strukturen bieten, kann beängstigend sein. Doch wenn wir uns dieser Spannung bewusst sind, bietet sie uns eine Chance: Sie ermutigt uns, unseren eigenen authentischen Weg zu gehen und unsere innere Stärke zu entfalten.

Ich begann mir die Frage zu stellen, inwieweit es möglich ist, innerhalb der äußeren Strukturen eigene Freiräume zu schaffen. Ist es erstrebenswert, völlig losgelöst vom Außen zu sein? Was sind das für Strukturen, die uns umgeben, und welche Wirkung haben sie auf uns?

Äußere Strukturen: Halt oder Begrenzung?

Strukturen können uns auf unterschiedliche Weise beeinflussen: Einerseits können sie uns einengen und daran hindern, eigene Wege zu gehen, wenn wir uns in einem Umfeld befinden, das uns nicht guttut. Ein Beispiel ist ein Job, der uns keine Erfüllung bringt und uns dazu anhält, lediglich zu funktionieren und die Tage irgendwie zu "überstehen". Andererseits können äußere Strukturen auch Halt und Sicherheit bieten. Sie geben uns ein Fundament, auf dem wir unsere eigenen Strukturen aufbauen können. Ein solcher Boden kann uns erst dazu bringen, mutig zu sein und eigene Wege zu gehen, weil wir uns durch das Fundament getragen fühlen.

Wie finde ich heraus, ob Strukturen mir guttun?

Ich denke, ein guter erster Schritt ist, den Blick nach innen zu richten. Was sind meine eigenen Wünsche und Ziele? Welche Werte sind mir wichtig? Wenn ich mir darüber bewusst bin, kann ich mein Leben in seinen verschiedenen Bereichen reflektieren und, wenn nötig, Veränderungen in kleinen Schritten angehen. Wenn ich Strukturen als einengend empfinde, kann es daran liegen, dass sie nicht mit meinen Werten übereinstimmen.

Nehmen wir noch einmal das Beispiel eines Jobs: Wenn ich jeden Tag nur aufstehe, um pünktlich um acht Uhr im Büro zu sein, und einer monotonen Tätigkeit nachgehe, die sich endlos hinzieht und mir wenig Freude bringt, könnte es sinnvoll sein, innezuhalten und zu fragen: Entspricht dieser Job meinen Werten?

Wichtig ist, nicht gleich radikal zu handeln, sondern in kleinen Schritten zu hinterfragen: Was genau macht mich unzufrieden? Wie könnte ich mich fühlen, wenn sich dieser Aspekt verändern würde? Manchmal genügt schon eine kleine Veränderung, um große Erleichterung zu spüren. Vielleicht auch zu fragen: Was müsste sich verändern, damit ich zufrieden sein kann? Und was brauche ich, um dorthin zu kommen?

Innere Begrenzungen erkennen

Oft glauben wir, dass äußere Umstände unsere Freiheit einschränken. Doch genauso häufig sind es innere Begrenzungen – alte Glaubenssätze oder gesellschaftliche Erwartungen, die wir verinnerlicht haben – die uns zurückhalten. Was wäre, wenn wir diese inneren Grenzen hinterfragen und verändern könnten?

Es heißt, jede Veränderung beginnt mit einem kleinen Schritt im Inneren. Mahatma Gandhi sagte: "Sei du selbst die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst." Manchmal sind es die kleinen Freiräume, in denen wir Neues wagen, die den Unterschied machen.

Sicherheit und Freiheit in Balance

Das Spiel zwischen Sicherheit und Freiheit ist ein ständiger Tanz. Sicherheit gibt uns ein stabiles Fundament, doch zu viel davon kann uns in starren Mustern festhalten. Freiheit schenkt uns Raum zum Atmen, aber zu viel Freiheit kann uns orientierungslos machen. Es ist die Balance zwischen beidem, die uns hilft, unsere innere Mitte zu finden.

Mutig den eigenen Weg gehen

Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern trotz der Angst zu handeln. Gib Dir die Erlaubnis, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Wenn Du Deine inneren und äußeren Grenzen hinterfragst, wirst Du eine tiefere Verbindung zu Dir selbst finden und die Freiheit entdecken, die auf der anderen Seite wartet.

Was kannst Du tun, um auf Deinem eigenen Weg einen kleinen Schritt weiterzukommen? Wo geben Dir Grenzen Halt, und wo engen sie Dich ein?


Eine kreative Übung: Malen als Ausdruck von Freiheit und Sicherheit

Als ich über diese Fragen nachdachte, brachte mich das Reflektieren und Nachdenken darüber allein nicht weiter. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Ich wollte ins Tun kommen. So entwickelte ich eine Malübung, um das Thema Freiheit und Sicherheit kreativ zu erkunden. Vielleicht inspiriert sie Dich, es auch einmal auszuprobieren:

Nimm Dir ein Blatt Papier und einen Stift. Beginne mit einer willkürlichen Linie auf dem leeren Blatt. Diese Linie symbolisiert die Strukturen, die uns umgeben – gesellschaftliche Normen, familiäre Erwartungen oder unsere eigenen Vorstellungen. Wenn Du diese Linie weiter malst, werden sich neue Räume öffnen:  Räume entstehen an jenen Stellen, an denen sich die Linie selbst überlagert. Diese Räume kannst Du nun mit eigenen Formen und Farben füllen und so Deinen individuellen Weg gestalten.

Mir wurde bewusst, dass vorgegebene Linien nicht nur Grenzen darstellen, sondern auch ein Fundament bilden können, von dem aus ich gestalten kann. Dieser Halt gibt mir den Mut, über die Linien hinauszugehen und neue, eigene Formen zu schaffen. Du kannst spielerisch damit experimentieren: Wie fühlt es sich an, innerhalb der Linien zu bleiben? Wie fühlt es sich an, diese zu übermalen oder völlig eigene Formen entstehen zu lassen?

Der kleine Schritt, eine Linie zu ziehen, kann plötzlich neue Welten eröffnen. Was wäre, wenn auch im Leben diese kleinen Schritte große Wirkung entfalten könnten? Experimentiere gerne damit und finde heraus, was sich für Dich stimmig anfühlt. Es gibt dabei kein richtig oder falsch – es darf alles sein, genauso wie es ist.

Ich wünsche Dir viel Freude und bereichernde Erkenntnisse beim Ausprobieren - und den Mut, Dich auf Deinen eigenen Weg zu begeben.



Loslassen - Im Wandel Neues entstehen lassen

Der Herbst kommt in großen Schritten – eine Jahreszeit, in der die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken. Doch der Herbst bringt auch eine prachtvolle Farbenvielfalt und eine ganz besondere Wärme mit sich. Ein Blick nach draußen zeigt, wie die grünen Blätter sich in leuchtendes Rot, Orange und Goldgelb verwandeln – ein Anblick, der immer wieder wie ein kleines Wunder wirkt.

Was fühlst Du, wenn die ersten Blätter zu Boden fallen und die Tage kürzer werden? Spürst Du auch diese leise Melancholie, die in der Luft liegt, als würde der Sommer Abschied nehmen? Diese Stimmung erinnert mich daran, dass alles im Leben vergänglich ist, auch die eigene Vergänglichkeit wird mir in solchen Momenten bewusst. Vielleicht mag es Dir ähnlich gehen? Gerade dieses Bewusstsein kann uns helfen, das Leben als wertvolles Geschenk zu schätzen und die kleinen Dinge nicht als selbstverständlich zu betrachten. Ohne diese Achtsamkeit erkennen wir oft erst, wie kostbar etwas war, wenn es bereits vergangen ist.

Die Bäume lassen ihre Blätter los, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Sie verabschieden sich von einem Teil von sich selbst, den sie nun nicht mehr benötigen, um Platz für Neues zu schaffen. Sie vertrauen auf den natürlichen Rhythmus der Natur, die sich stetig verändert.

Wandel bedeutet immer auch, etwas loszulassen, um Neues willkommen zu heißen. Vielleicht kann uns das als Inspiration dienen, um uns selbst zu fragen: Was in meinem Leben bin ich bereit, loszulassen? Und was darf Neues entstehen?

Loslassen bedeutet für mich, in Frieden mit dem zu kommen, was ich gehen lassen möchte. Vielleicht noch viel wichtiger: In Frieden mit jenem Teil von mir zu kommen, der daran festhält. Ihm zuzuhören, um zu erkennen, was er wirklich braucht. 

Nur im Frieden und im Vertrauen kann ich loslassen. Im Widerstand wird das Loslassen schwer, beinahe unmöglich. Das Loslassen kann manchmal - und das ist nur aus meiner persönlichen Erfahrung - ein Prozess sein. Loslassen erfolgt oft in Wellen. Die Balance zwischen Loslassen - Annehmen und Transformation zu finden erinnert mich ein wenig daran, als würde man eine Spiralform nachgehen. Ich kann sie von innen nach außen oder von außen nach innen ablaufen. Nachfühlen, an welchem Punkt ich Ausgleich oder Balance wahrnehmen kann. Es ist ein stetiges Ausjustieren: Wie weit kann ich nach außen gehen oder wann möchte ich wieder weiter nach innen gehen. 

Alles hat einen guten Grund, auch der Teil, der nicht loslassen möchte, den wir vielleicht als Widerstand in uns fühlen. Es kann hilfreich sein, sich erstmal diesem vermeintlichen Widerstand zuzuwenden. Zu schauen, warum er da ist, welche Aufgabe er erfüllt und was er uns vielleicht mitteilen möchte. Oft steckt hinter diesem Teil eine unbewusste Angst, eine Unsicherheit, oder der Wunsch nach Kontrolle. Indem wir uns mitfühlend und neugierig dem widmen, was in uns aufkommt, geben wir uns die Möglichkeit, diesen Teil besser zu verstehen, anstatt ihn direkt loswerden zu wollen. Wenn wir ihn würdigen, uns ihm sanft nähern, geben wir ihm die Chance, sich mit der Zeit zu lockern. Der Prozess des Loslassens kann dann auf eine ganz natürliche Weise stattfinden, in kleinen Schritten, in Momenten des Vertrauens, in denen wir spüren, dass wir sicher sind, auch ohne festzuhalten.

Vertrauen ist der Schlüssel – das Vertrauen darauf, dass die Leere, die durch das Loslassen entsteht, gleichzeitig ein Raum für Wachstum und Veränderung sein kann. Dass ich diesen Raum selbst als solchen erkennen und in mir für das Neue halten kann. Gleichzeitig auch, dass ich mich in meiner Umgebung sicher fühle, dass sich das Loslassen für mich sicher anfühlen kann. Hier geht es oftmals darum, in kleinen Schritten vorzugehen und sich selbst die Zeit dafür zu geben, die es braucht. Jeder kleinen Schritt ist ein wertvoller Schritt auf dem eigenen Weg.

Loslassen kann ein schmerzvoller Prozess sein, doch zugleich liegt so viel Potenzial darin, uns selbst auf neue Art und Weise zu entdecken. Vielleicht neue Seiten von uns zu sehen, die schon immer tief in uns waren, denen wir bisher keinen Raum geben konnten, weil wir damit beschäftigt waren, ihn für so viel anderes zu halten. 

Im Leben gibt es immer wieder Abschnitte, die von diesem Prozess des Loslassens und des Öffnens für Neues geprägt sind. Genau darin liegt die Chance für Wachstum.

Vielleicht fragst Du Dich: Wie gelingt mir das Loslassen? Was halte ich fest, das mir nicht mehr dient? Und welche Teile meiner Vergangenheit oder meiner Erfahrungen möchte ich in mein Leben integrieren? Manchmal erfordert es Mut, sich diese Fragen authentisch zu stellen, doch Bewusstsein und Klarheit darüber zu erlangen, ist oftmals ein wichtiger Grundstein, um sich von alten Überzeugungen oder Mustern zu lösen. Aber ebenso wichtig ist es, die Lehren aus diesen Erfahrungen anzunehmen. Was bin ich bereit, loszulassen, um Raum für Neues zu schaffen? Und wie kann ich das, was ich erlebt habe, in mein Leben integrieren, um gestärkt daraus hervorzugehen?

Der Prozess des Loslassens ist immer auch ein Prozess des Annehmens. Loslassen und Annehmen gehören zusammen. Das Loslassen kann uns dazu einladen, uns für neue Erfahrungen zu öffnen. Wie es die Bäume ebenfalls tun - sich dem Wandel des Lebens hinzugeben, im Vertrauen darauf, dass zur richtigen Zeit gehen darf, was gehen möchte und daraus Neues entstehen darf, wenn wir uns dafür öffnen.

Ich hoffe, Du hattest Freude und eine gute Zeit beim Lesen. Und vielleicht konnte Dich ja das ein oder andere inspirieren. Loslassen ist ein weites Feld. Das hier sind meine persönlichen Gedanken dazu. Womöglich hast Du Deine ganz eigenen Gedanken und Erfahrungen zu diesem Thema. Teile sie gerne, wenn Du magst. Hier findest Du den Text auch nochmal als PDF zum Download. 

Alles Liebe 



Seelenkreatives Malen - Der Schlüssel zu mir

Ich möchte Dich gerne mitnehmen, auf eine kleine Reise in die Welt der Farben und Formen. Ich möchte Dir ein wenig über das seelenkreative Malen erzählen. Wie ich dazu gekommen bin und welch unglaublich wertvoller Schatz sich darin verbirgt. Vielleicht kannst Du eine Inspiration daraus für Dich mitnehmen. 

Worum geht es?

Das seelenkreative Malen ist eine sanfte Einladung, sich selbst (wieder) näherzukommen und in die eigene innere Welt einzutauchen. Es eröffnet einen Raum, in dem der Moment, so wie er ist, willkommen ist. Es kann darum gehen, bei sich selbst anzukommen, bewusst zu spüren und am Ende mit neuer Klarheit und innerer Stärke hervorzugehen. 

Dieser kreative Prozess hat keinen Anspruch auf ein bestimmtes Ergebnis – es geht nicht darum, ein "perfektes" Bild zu erschaffen, sondern sich von Erwartungen zu befreien. Oft sind es unsere inneren Erwartungen, die Druck und Urteile über ein Werk formen. Doch im intuitiven Malen darf dieser Leistungsdruck losgelassen werden. Es gibt kein "richtig" oder "falsch". Vielmehr geht es darum, zu erspüren, was das Bild im Moment braucht, um in Balance zu sein, und zu fühlen, was ich brauche, um dem Ausdruck Raum zu geben – sowohl auf dem Blatt als auch in mir selbst. Was zählt, ist das Erleben des gegenwärtigen Moments und der Prozess des Malens. 

Alles, was in uns ist, kann in Farben und Formen Ausdruck finden. Andersherum können Farben und Formen auf unser Inneres eine bestärkende Wirkung entfalten, uns auf diese Art und Weise in Balance bringen. Das Loslassen von Bewertungen ist dabei befreiend und ermöglicht es uns, in einen Zustand des "Seins" einzutauchen, anstatt uns auf das "Tun" oder das Ergebnis zu fokussieren.

Loslassen - In Verbindung mit sich selbst kommen

Loslassen hat etwas zutiefst Verbindendes. Es bringt uns in Kontakt mit uns selbst, jenseits von Kontrolle und Erwartungen. Oft gehen wir am Anfang mit dem Kopf an das Malen heran, aber wenn wir loslassen, geschieht etwas Wundervolles: Wir begegnen uns selbst mit Offenheit und Akzeptanz. Loslassen befreit uns von dem Zwang, etwas Bestimmtes erreichen zu müssen und schenkt uns den Raum, einfach zu sein. 

Dieses Loslassen ist zugleich eine Form des Vertrauens – Vertrauen in den kreativen Prozess und das eigene Empfinden. Es ermöglicht uns, uns in all unseren Facetten zu erleben und uns so zu akzeptieren, wie wir sind. In dieser Akzeptanz liegt große Freiheit, die uns näher zu uns selbst bringt. Ich erinnere mich gut daran, dass das Loslassen für mich anfangs mit Übung und Geduld verbunden war. Doch je mehr ich es zulassen konnte, desto mehr öffnete sich der Raum für eine tiefe Verbindung zu mir selbst. Loslassen ist kein Kontrollverlust, sondern eine bewusste Hingabe, die uns tiefer in den Moment führt und uns die Freiheit schenkt, mit dem, was entsteht, in Resonanz zu treten.

Der Halt im Prozess

Loslassen erfordert Vertrauen – in den Prozess und das eigene Empfinden. Eine wunderbare Erfahrung, die ich dabei immer wieder mache, ist, dass Loslassen interessanterweise Halt gibt. Farben, Formen und Texturen können in diesem Prozess etwas Stabilisierendes und Haltgebendes vermitteln. Sie schenken uns durch ihre Wirkung ein Gefühl von Sicherheit. 

Die Materialien als Unterstützung

Auch die Wahl des Materials spielt eine wichtige Rolle darin, wie wir uns beim Malen fühlen. Oft wählen wir intuitiv genau das, was wir in dem Moment am meisten brauchen, auch wenn wir dies nicht bewusst steuern. Unsere innere Stimme zeigt uns, was uns guttut – wir dürfen uns darauf verlassen. 

Festere Stifte wie Kreiden oder Buntstifte haben eine erdende Wirkung. Sie bieten uns die Möglichkeit, Kraft und Stabilität zu spüren, während wir die Farben fest aufs Papier drücken. Wir erleben den Widerstand des Materials und spüren unsere eigene Kraft. Aquarell- und Wasserfarben hingegen bringen Leichtigkeit mit sich – sie fließen sanft und können uns in einen Fluss bringen. Die Wahl des Mediums kann einen wichtigen Unterschied machen.

Malen ohne Erwartung

Das Schöne am seelenkreativen Malen ist, dass es frei von Erwartungen ist. Es schafft einen Raum, um so zu sein, wie man im Moment ist, mit allem, was einen beschäftigt. Es darf spielerisch erkundet werden, immer im Einklang mit dem eigenen Spüren und in Verbindung mit sich selbst. 

Wenn ich Auftragsarbeiten für Kunden anfertige, ist der Prozess anders. Hier gibt es bestimmte Erwartungen und Vorgaben, die beachtet werden müssen. Diese Arbeit ist ebenfalls wertvoll und meditativ, aber sie hat einen anderen Fokus. Hier steht die Technik im Vordergrund – was soll das Bild ausdrücken, wie soll es am Ende aussehen? Diese Arbeit ist mehr von äußeren Anforderungen geprägt, doch auch hier bleibt immer eine innere Verbindung, ein Einfühlen in das Werk. Nur wenn ich mich authentisch einlasse, kann ich ein Bild erschaffen, das wirklich berührt. Auch wenn es Vorgaben gibt, fließt immer ein Teil von mir in das Werk ein – so wird es lebendig und persönlich. 

Wie ich das Malen für mich Entdeckte

Meine Leidenschaft für das Malen entdeckte ich recht früh. Als ich zum ersten Mal in einem Museum stand – ich war noch ein Kind – war ich fasziniert von den meterhohen Bildern. Ich konnte stundenlang vor einem Bild verweilen, ohne jemals Langeweile zu empfinden. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

Das Betrachten von Bildern, besonders von alten Meisterwerken, hat für mich etwas Ehrfurchtgebietendes. Es ist, als ob die Seelen der Künstler in den Bildern weiterleben. Diese Verbindung über Zeit und Raum zeigt mir, dass Kunst zutiefst menschlich ist. Manche Bilder resonieren stärker mit uns als andere – das ist individuell verschieden. Doch wenn uns ein Bild berührt, erkennen wir vielleicht auch ein Stück von uns selbst darin. 

Als ich Kunstgeschichte studierte, lernte ich, Bilder aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Doch das akademische Umfeld erfüllte mich nicht ganz. Es war mir zu viel Wissenschaft – zu wenig Gefühl. Irgendwann konnte ich das Bedürfnis, selbst zu malen, nicht länger ignorieren. Ich wollte die Erfahrung machen, wie es sich anfühlt, zu malen, anstatt nur Betrachterin zu sein. Diese eigenen Erfahrungen erwiesen sich für mich als wertvoller Schlüssel, um Kunst tiefer zu verstehen. Letztendlich brachte es mich zum intuitiven Malen, in dem ich eine ganz neue Seite der Kunst entdeckte, die mir zugleich sehr vertraut war. Kunst kann so vieles in uns bewirken – sie kann verbinden und gleichzeitig auf eine wohltuende Art in jedem von uns etwas bewirken. Für mich ist das wie Magie. Die letzten Monate hatte ich das Privileg, von einer wundervollen Kunsttherapeutin lernen zu dürfen. Ihre Arbeit schätze ich sehr, und die Ausbildung bei ihr, in der ich lerne, seelenkreative Räume zu halten, ist eine große Bereicherung.

Ein Schlüssel zur inneren Welt

Das seelenkreative Malen ist für mich wie ein Schlüssel zu einer verborgenen Welt. Es eröffnet mir einen Raum, in den ich eintauchen kann – in dem alles andere in den Hintergrund tritt und ich ganz bei mir bin. Dieser Moment, in dem ich mir selbst genug bin, ist eine tiefe Form der Selbstakzeptanz. Das kreative Arbeiten führt zu einem achtsamen Erleben und einer inneren Ruhe, die heilsam wirken kann. Es ist eine Möglichkeit, Gefühle auszudrücken, die vielleicht lange verborgen waren und sich selbst neu zu entdecken. 

Es berührt mich tief, zu sehen, wie Menschen am Ende ihres kreativen Prozesses auf ihr Bild blicken und nicht nur das Bild, sondern auch etwas in ihrem Inneren neu entdecken. Oft sind es Gefühle von Stolz, Freude oder Erleichterung, die das Malen auslöst. Ich empfinde es als großes Geschenk, diesen Prozess begleiten zu dürfen. Es ist herzergreifend, wie überrascht Menschen oft sind, wenn sie sehen, dass sie aus dem Nichts etwas erschaffen haben. Oft ist dieses Erfolgserlebnis allein schon eine große Bereicherung. Darüber hinaus ist das entstandene Werk immer etwas sehr Persönliches. Emil Nolde sagte nicht ohne Grund: "Bilder sind spirituelle Wesen. Die Seele des Malers lebt in ihnen." Genau das erlebe ich immer wieder in meiner Arbeit.

Vielleicht spürst auch Du in Dir den Wunsch, Deiner Seele Ausdruck zu verleihen? Trau Dich, den ersten Pinselstrich zu setzen – Du wirst überrascht sein, was in Dir steckt. 

Ich danke Dir von Herzen für Deine Zeit und fürs Lesen - und wünsche Dir alles Liebe.

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